Was ist Ernährungsberatung?

Ernährungsberatung rechtlich gesehen

Stellungnahme des Teams Recht & Wissenschaft

 

Ernährungsberatung ist eine Gesundheitsdienstleistung und wird als Gesundheitsberuf von qualifizierten Fachkräften ausgeübt.[1]

Mit der Gewerberechtsnovelle 2003 wurde die Ernährungsberatung als reglementiertes Teil-Gewerbe in das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung nach § 119 GewO aufgenommen. Grund dafür ist das besondere öffentliche Interesse am Schutz der Gesundheit von Klient*innen.

Daneben ist im MTD-Gesetz die Ernährungsberatung im Berufsbild der Diätolog*innen erfasst.

Eine explizite Definition der Ernährungsberatung bzw. die Abgrenzung zu anderen Tätigkeiten findet sich in diesen Gesetzen nicht, war aber bereits Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren.

Folgende Definitionen iSd GewO bzw. MTD-G leiten sich für Ernährungsberatung und andere Tätigkeiten ab:

Ernährungsberatung umfasst die Abgabe von Informationen und ggf. Handlungsempfehlungen in persönlicher[2] u/o individualisierter Weise, die dazu bestimmt sind, eine gesundheitsorientierte Ernährungsmodifikationen anzuregen und diese anzuleiten.[3]

Ernährungstherapie ist eine spezielle Form der Ernährungsberatung. Sie wendet sich an Kranke und umfasst auf ärztliche Anordnung die verbindliche, individuelle Anleitung eines Patienten zu nutritiven Maßnahmen in einem therapeutischen Gesamtkonzept bei ernährungsabhängigen Erkrankungen und krankheitsbedingten Ernährungsproblemen. Diese humanmedizinische Tätigkeit ist Diätolog*innen vorbehalten, wir verweisen auf die Standesregeln.

Von Ernährungsberatung abzugrenzen sind folgende persönlichen Dienstleistungen:

Lehrtätigkeit zu Ernährungsthemen umfasst die Abgabe von Informationen über ernährungsrelevante Themen in Form einer Rede ohne persönliche u/o individualisierte Elemente bzw. Handlungsempfehlungen, die nicht dazu bestimmt bzw. geeignet sind, zu gesundheitsorientierter Ernährungsmodifikationen anzuleiten.

Haushaltsgebarung im Zusammenhang mit Lebensmitteln und Kulinarik umfasst jene Teiltätigkeiten, die auch nicht speziell geschulte Kund*innen bzw. Klient*innen selbst verrichten können.[4] Beispiele dafür sind die Auswahl von Nahrungsmittellieferanten (Geschäfte), Einkauf und die Auswahl von Nahrungsmitteln, Zubereitung von Speisen nach Diätplan von Seiten Dritter, Variation von Speisen im Rahmen des vorhandenen Diätplans, Erstellung von Kochrezepten, Führung eines Haushaltsbuchs, Zählen von Kalorien udgl,[5] samt der Integration dieser Aspekte in den alltäglichen Lebensablauf (Alltagsintegration).

Für die rechtliche Zuordnung einer angebotenen Tätigkeit ist jener Inhalt wesentlich, der konkret zum Tragen kommt oder von Klient*innen berechtigt vermutet werden, unabhängig von der Bezeichnung. So wird Ernährungstraining als synonymer Begriff für Ernährungsberatung[6] verstanden. Daraus leiten sich auch die Konsequenzen ab.

Ernährungsberatung ohne Berechtigung ist nach §119 GewO bzw. MTD-Gesetz untersagt. Schon der Versuch ist unzulässig, Werbung gilt als Versuch. Neben der verwaltungsrechtlichen Kontrolle unterliegen widerrechtliche Angebote auch der Verfolgungsmöglichkeit nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).

Dienste zur Haushaltsgebarung können im Rahmen jedes Gewerbes ohne weitere Befähigung ausgeübt und täuschungsfrei z.B. unter Alltagsintegration, Haushalts- und Kulinariktraining angeboten werden.[7]

Im Rahmen der Freiheit der Lehre bedarf es für Lehrtätigkeit keiner Gewerbeberechtigung. Eine Ausbildung zur Ernährungspädagogik wird an pädagogischen Hochschulen angeboten, das Studium der Ernährungswissenschaften an der Universität Wien.

 

Kompetente Ernährungsberatung erfordert Beratungskompetenz, als Teil der ernährungswissenschaftlichen Anwendungskompetenz. Sie beschreibt die Fähigkeit, Ernährungswissen klientenzentriert für eine effektive und nachhaltige Ernährungsmodifikation zu transformieren.

Die ernährungswissenschaftliche Anwendungskompetenz wird durch 3 Säulen getragen:

  • Ernährungswissenschaftlicher Fachkompetenz mit Hochschulniveau über
    • Naturwissenschaftliche Grundlagen
      • Ernährung
      • Lebensmittel
      • Gesundheit
      • Nachhaltigkeit / Ökologie
    • Interpretation von Biomarkern / Beurteilung des Ernährungsstatus
    • Analyse der notwendigen Ernährungsintervention
  • Kulinarische Kompetenz als Fähigkeit zu:
    • lebensmittelbasierter Umsetzung
    • nachhaltigen Handlungsempfehlungen
  • Kommunikationskompetenz als Fähigkeit zur:
    • klientenzentrierten Gesprächstechnik
    • laiengerechten Darstellung wissenschaftlicher Zusammenhänge

 

 

[1] Nach der Internationalen Standardklassifikation der Berufe (ISCO-08) zählen Ernährungsberater*inne und Diätolog*innen zur Gruppe
226 Sonstige akademische und verwandte Gesundheitsberufe. Sie üben eine Gesundheitsdienstleistung iSd EU-Rechts aus, da die Tätigkeit unmittelbar und eng mit dem menschlichen Gesundheitszustand zusammenhängt und nicht nur jene Tätigkeiten umfasst, die nur das Wohlbefinden verbessern oder Entspannung ermöglichen. (Vgl. EuGH C 57/12 Rn 34ff.).

[2] iSv eines konkreten Interventionsbedarfs einer spezifischen Person oder Personengruppe. Beratung kann im persönlichen Gespräch oder durch Nutzung aller möglichen anderen Kommunikationskanäle erfolgen (z.B. Social Media, E-Mails, Apps, Briefe etc.).

[3] Dies betrifft insbesondere auch die Ernährungstypbestimmung, die Austestung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und die Analyse sinnvoller Nahrungsergänzungen. Die Auswahl, Zusammenstellung und Berechnung der Kost für Einzelpersonen und Personengruppen und die an bestimmte Bedürfnisse (etwa Schwangere, Sportler) angepasste Ernährungsberatung von Einzelpersonen und Personengruppen zählt ausschließlich zur Ernährungsberatung (OGH 4 Ob 61/14w).

[4] OGH 4 Ob 61/14w

[5] OGH 4 Ob 61/14w

[6] https://bis.ams.or.at/qualibarometer/index.php?print=1&id=161

[7] OLG Wien 1 R 67/18g

 

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