Prüfkriterien individuelle Befähigung

Leitfaden mit Prüfkriterien zur individuellen Befähigung Ernährungsberatung

Ernährungsberatung ist als Gesundheitsberuf[1] ein gebundenes Teil-Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung (LSB) nach §119 GewO, das den Nachweis der Befähigung erfordert. Die Kriterien für die LSB sind in der Lebens- und Sozialberatungs-Verordnung (BGBl. II Nr. 140/2003) festgelegt. Für Ernährungsberatung hingegen ist die positive Absolvierung eines Studiums der Ernährungswissenschaften oder eine Ausbildung zur Diätolog*in im §119 GewO als Voraussetzung gesetzlich vorgeschrieben.

Dieser Leitfaden des Verbandes dient zur Beurteilung jener Ausbildungen, die zum Zwecke der Ernährungsberatung gegenüber dem Studium der Ernährungswissenschaften nach stRspr (VwGH Ra 2015/04/0005 mwN) iS der ministeriellen Bestimmungen[2] als akademisch äquivalent geprüft werden sollen. Für Äquivalenzprüfungen zur Diätologie sind die entsprechenden Bestimmungen des MTD-Gesetzes heranzuziehen.

Verständlicherweise werden für eine Ernährungsberatung nicht alle im Studium der Ernährungswissenschaften vermittelten Wissensinhalte benötigt. Aus fachlicher Sicht sind folgende Wissensgebiete der genannten Ausbildungen für Ernährungsberatung notwendig (Beurteilungskriterien).

  1. Wissenschaftliche Grundlagen der Ernährungslehre
    1. Chemie und Biochemie
    2. Anatomie und Physiologie
    3. Grundlagen der Ernährungslehre
    4. Humanernährung
      (Energiestoffwechsel, Ernährungsstatus, Makronährstoffe, Mikronährstoffe)
  2. Kenntnisse über allgemeine, alternative und besondere Ernährungsformen (z.B. vegan)
  3. Kenntnisse zur Erkennung von Erkrankungen, die einer ärztlicher Diätverordnung bedürfen und somit einer gewerblichen Ernährungsberatung entgegenstehen.
  4. Lebensmittelkunde
    1. Warenkunde
    2. Lebensmittelchemie, -technologie
    3. Lebensmittelsicherheit und -hygiene
    4. Lebensmittelrecht – Inhalt und Bedeutung der Kennzeichnung
  5. Mindestumfang an theoretischer Ausbildung zu den genannten Punkten umfasst 60 ECTS[3] ohne Zeiten für etwaige Praktika. Eine Bologna-Akkreditierung der Ausbildung muss vorliegen und die Erreichung der Ausbildungsziele ist qualifiziert nachzuweisen.

 

Diese Kriterien sind ein wesentliches Indiz bei der Beurteilung von individuellen Befähigungen oder Ausbildungslehrgängen hinsichtlich der Äquivalenz zum Studium der Ernährungswissenschaften als Voraussetzung zur Ernährungsberatung nach § 119 GewO.[4]

Zur Beantwortung der Frage, ob die Inhalte eines konkreten Lehrplanes den Voraussetzungen entsprechen, ist eine Detailprüfung notwendig.[5] Diese kann unter Beiziehung der Studien­programmleitung des Institutes für Ernährungswissenschaften der Universität Wien als Amtssachverständigen mit der notwendigen Sorgfalt und Kompetenz vorgenommen werden.

Zur Ernährungsberatung Berechtigte nach §119 GewO müssen jedenfalls in der Lage sein, im Einzelfall die einer Ernährungsberatung widersprechende Krankheitsbilder bei Beratungssuchenden sowie die damit verbundenen Grenzen des eigenen Handelns zu erkennen.[6] Ein Mangel an entsprechender akad. Ausbildung schließt eine individuelle Befähigung regelmäßig aus.

 

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[1] Siehe auch VEÖ - AK Recht: "Ernährungsberatung, rechtlich betrachtet"

[2] BMWD: Protokoll der Bundesgewerbereferententagung 2017, Seite 112ff.

[3] 1 ECTS = 25 Stunden. á 60 Minuten. Der 1. Studienabschnitt (bakk.) Ernährungswissenschaften Uni Wien umfasst 180 ECTS.

[4] Einige Ausbildungen wurden bereits bewertet und in die Liste der Äquivalenten Ausbildungen aufgenommen.

[5] Höhne, Koukal: Ernährungsberater, individuell (teil-)befähigt?, Journal für Medizin- und Gesundheitsrecht JMG 3-2018 S.155 ff.

[6] OGH 4 Ob 177/18k