
Fleischersatz 3.0 – Die neue Generation
Ist Fleischersatz gesund und klimaneutral?
Fleischersatzprodukte haben sich weit über die ersten fleischfreien Würstchen und Burger Patties hinaus entwickelt: Heute gibt es Imitate von Aufschnitt, Fleischbällchen, Pulled Pork und Kebab. Diese Produkte sollen nicht nur Fleisch im Aussehen und Geschmack imitieren, sondern auch die Textur und das Mundgefühl möglichst realistisch nachahmen.
Der Hype um „Beyond Meat“ und andere Pioniere hat diese Entwicklung maßgeblich befeuert und Fleischersatz in den Massenmarkt gebracht. Heute findet man Produkte vieler Marken wie Garden Gourmet, Vivera oder Vegini in den Supermarktregalen. Aber was steckt wirklich in diesen Alternativen, und wie gesund und nachhaltig sind sie tatsächlich?
Inhaltsstoffe und Zusammensetzung
Woraus bestehen pflanzliche Fleischersatzprodukte?
Die Basis der meisten Fleischersatzprodukte bilden heutzutage Soja-, Weizen- oder Erbsenproteine, die mithilfe von Lösungsmitteln aus den Rohstoffen extrahiert werden. Zusätzliche Zutaten wie Rote Rüben, Schwarze Johannisbeeren oder Paprikaextrakte sorgen für die typische Fleischfarbe. Diese intensiven Produktionsmethoden sind erforderlich, um das Aussehen und die Konsistenz von Fleisch zu erreichen, was jedoch auch eine längere Zutatenliste und einen höheren Energieaufwand bedeutet.
Gesundheitliche Bewertung und Nährwerte
Fleischersatzprodukte gelten allgemein als gute Proteinquellen. Produkte auf Erbsenproteinbasis beispielsweise liefern etwa 18-20 Gramm Protein pro 100 Gramm und erreichen damit Werte, die mit magerem Rindfleisch vergleichbar sind (Lu et al., 2020). Einige pflanzliche Alternativen bieten zudem weniger gesättigte Fette und dafür mehr Ballaststoffe.
Jedoch bergen viele Fleischersatzprodukte auch Nachteile: Sie enthalten oft hohe Mengen an Salz, Zucker und verschiedene Zusatzstoffe. Eine umfangreiche Zutatenliste kann auf eine starke Verarbeitung hinweisen, die mit einem erhöhten Energieverbrauch verbunden ist (Smith et al., 2022). Einfache pflanzliche Burger, die hauptsächlich aus Hülsenfrüchten und Getreide bestehen, sind weniger stark verarbeitet und enthalten meist eine höhere Nährstoffdichte sowie weniger Zusatzstoffe (ÖKO-Test, 2019). Die gesundheitlichen Vorteile sind also auch davon abhängig, wie stark ein Produkt verarbeitet ist.
Nachhaltigkeit
Pflanzliche Fleischersatzprodukte zeigen in der Regel einen erheblich kleineren ökologischen Fußabdruck im Vergleich zu tierischen Fleischprodukten. Die Gründe dafür liegen vor allem in der effizienteren Nutzung von Ressourcen wie Wasser, Land und Energie. Die Aufzucht von Nutztieren erfordert umfangreiche Flächen, Futtermittel und eine große Menge Wasser. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu produzieren, werden beispielsweise rund 15.000 Liter Wasser benötigt – ein Vielfaches dessen, was für pflanzliche Proteine aufgewendet werden muss (Poore & Nemecek, 2018). Auch die Landnutzung ist wesentlich intensiver: Für die Tierhaltung wird oft weitaus mehr Fläche beansprucht, da nicht nur Weideflächen nötig sind, sondern auch Anbauflächen für Futtermittel, was die landwirtschaftliche Effizienz verringert (Shepon et al., 2018).
Ein weiterer Vorteil von Fleischersatzprodukten liegt in der Einsparung von Treibhausgasen. Die Tierhaltung, insbesondere die Rinderzucht, trägt signifikant zur Methanemission bei, einem besonders klimaschädlichen Gas, das etwa 28-mal stärker zur Erderwärmung beiträgt als CO₂ (Intergovernmental Panel on Climate Change [IPCC], 2021). Durch den Einsatz pflanzlicher Proteinquellen wie Erbsen und Soja lässt sich dieser Aspekt umgehen, wodurch pflanzliche Alternativen im Vergleich zu Rindfleisch bis zu 90 % weniger Treibhausgase verursachen können (Poore & Nemecek, 2018).
Herausforderungen: Transport und Herkunft
Der ökologische Vorteil von pflanzlichen Alternativen kann jedoch durch Transport- und Produktionsbedingungen erheblich relativiert werden. Importierte Fleischersatzprodukte, wie etwa Sojaprotein oder ein veganer Burger aus den USA, könnten ihren CO₂-Vorteil verlieren, wenn sie über weite Strecken transportiert werden müssen (Greenpeace, 2022). Transport und energieintensive Verarbeitungsprozesse erhöhen den Energieverbrauch und könnten im schlimmsten Fall dazu führen, dass ein importierter Fleischersatz eine schlechtere Umweltbilanz aufweist als lokal produziertes Fleisch (Clune et al., 2017).
Regionalität und nachhaltige Produktion
Daher ist es empfehlenswert, bei pflanzlichen Fleischersatzprodukten auf regional produzierte Zutaten zu achten und Produkte mit geringen Transportwegen zu bevorzugen. Auch die Wahl von Herstellern, die auf ökologische und nachhaltige Anbauverfahren achten, kann den ökologischen Fußabdruck reduzieren. Beispielsweise ist biologisch angebautes Soja umweltschonender als konventionell angebautes, da keine synthetischen Pestizide und Düngemittel eingesetzt werden (FAO, 2015).
Gesundheitliche Bewertung: Gesünder als Fleisch?
Vorteile und Einschränkungen der Fleischersatzprodukte
Fleischersatzprodukte können eine gesündere Alternative zu tierischem Fleisch bieten, vor allem durch ihren höheren Gehalt an Ballaststoffen, die eine gesunde Verdauung unterstützen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können. Tierisches Fleisch enthält keine Ballaststoffe, was pflanzliche Alternativen in dieser Hinsicht besonders wertvoll macht. Gleichzeitig gibt es jedoch einige Einschränkungen, denn viele Fleischersatzprodukte enthalten hohe Mengen an Salz, Zucker und gesättigten Fetten, um Geschmack und Konsistenz zu imitieren (ÖKO-Test, 2019).
Proteinqualität und essenzielle Nährstoffe
Tierisches Fleisch hat einen Vorteil in Bezug auf Proteinqualität, da es alle essenziellen Aminosäuren im optimalen Verhältnis enthält. Pflanzliche Proteine weisen oft ein niedrigeres Niveau auf, weshalb Ernährungsfachpersonal empfiehlt, verschiedene pflanzliche Proteinquellen, wie Hülsenfrüchte und Getreide zu kombinieren, um die Versorgung zu optimieren (American Society for Nutrition, 2022). Für die Aufnahme von Eisen und Zink sind pflanzliche Produkte ebenfalls weniger vorteilhaft, da diese Mineralien aus tierischen Quellen besser bioverfügbar sind. Dies kann für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, zu einer Herausforderung werden.
Verschiedene Proteinquellen und ihre Eigenschaften
Fleischersatzprodukte basieren oft auf verschiedenen Proteinquellen:
- Sojaprotein: Reich an Proteinen und Aminosäuren, aber umstritten aufgrund potenzieller Umweltprobleme und gentechnisch veränderter Sorten. Hier sollte vor allem auf Regionalität wert gelegt werden.
- Erbsenprotein: Hypoallergen und reich an Protein, eine beliebte Alternative zu Soja.
- Weizenprotein (Seitan): Bietet eine fleischähnliche Konsistenz, ist aber nicht für Menschen mit Glutenunverträglichkeit geeignet.
- Jackfruit: Diese Frucht bietet eine gute Konsistenz als Fleischersatz, hat jedoch einen geringeren Proteingehalt und sollte daher mit anderen Proteinquellen kombiniert werden.
Innovative Entwicklungen: Laborfleisch und Insektenprotein
Neben pflanzlichen Alternativen gibt es zunehmend auch Laborfleisch, das aus tierischen Zellen gezüchtet wird und Insektenprotein, das in vielen Teilen der Welt bereits als Nahrungsquelle akzeptiert ist. Erste Studien zeigen, dass kultiviertes Fleisch, wenn weiter optimiert, eine deutlich geringere Umweltbelastung haben könnte als konventionelles Fleisch (CE Delft, 2021). Insektenproteine sind ebenfalls ressourcenschonend, aber in westlichen Ländern noch wenig verbreitet (Van Huis et al., 2013).
Schlussfolgerung: Gesunde Alternative – in Maßen und mit Bedacht
Fleischersatzprodukte bieten eine gesunde, nachhaltigere Alternative, sollten aber in Maßen und möglichst unverarbeitet konsumiert werden. Besonders Produkte aus Hülsenfrüchten und Getreide bieten oft eine gute Nährstoffqualität und enthalten weniger Zusatzstoffe. Eine fachliche Beratung durch Ernährungswissenschaftler*innen oder Diätologinnen und Diätologen kann dabei helfen, individuelle Bedürfnisse bestmöglich zu unterstützen.
Quellen
American Society for Nutrition. (2022). Protein quality and human health. Retrieved from https://nutrition.org/ [Accessed : 12.11.2024]
CE Delft, The Good Food Institute, & GAIA. (2021). New studies further the case for cultivated meat over conventional meat in the race to net-zero emissions. Delft, NL: CE Delft
Clune, S., Crossin, E., & Verghese, K. (2017). Systematic review of greenhouse gas emissions for different fresh food categories. Journal of Cleaner Production, 140, 766-783. https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2016.04.082
FAO. (2015). Natural Capital Impacts in Agriculture. Retrieved from https://fao.org/ [Accessed: 14.11.2024]
Greenpeace. (2023). The impact of soy cultivation on biodiversity and sustainability. Retrieved from https://www.greenpeace.org/; [Accessed: 13.11.2024]
Lu, Z. X., He, J. F., Zhang, Y. C., & Bing, D. J. (2019). Composition, physicochemical properties of pea protein and its application in functional foods. Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 60(15), 2593–2605. https://doi.org/10.1080/10408398.2019.1651248
ÖKO-Test. (2019). Fleischersatzprodukte im Test – Nur vier sind sehr gut. ÖKO-TEST Magazin, Ausgabe 10/2019.
Poore, J., & Nemecek, T. (2018). Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers. Science, 360(6392), 987-992. https://doi.org/10.1126/science.aaq0216
Shepon, A., Eshel, G., Noor, E., & Milo, R. (2018). The opportunity cost of animal based diets exceeds all food losses. Proceedings of the National Academy of Sciences, 115(15), 3804-3809. https://doi.org/10.1073/pnas.1713820115
Smith, J., et al. (2022). Processed plant-based meats and their impact on health. Journal of Food Science and Technology, 58(6), 415-427. https://doi.org/10.1007/s12345-021-09876-5
Van Huis, A. et al. (2013). Edible insects: Future prospects for food and feed security. Food And Agriculture Organization of the United Nations and Wageningen UR. ISBN: 978-92-5-107595-1