Abgrenzungsleitfaden "Gesund oder Krank"

Stellungnahme des Teams Recht & Wissenschaft

Hintergründe

Eine Ernährungsmodifikation bei Menschen kann verschiedene Auslöser oder Zielsetzungen haben. Neben einer Optimierung des Lebensstils inklusive der Ausgewogenheit der Ernährung, der Adaption auf bestimmte Bedürfnisse oder der Erfüllung von Wertevorstellungen kann auch eine Ernährungstherapie das erklärte Ziel einer Ernährungsumstellung sein.

Gemäß MTD-Gesetz[1] obliegt die Auswahl, Zusammenstellung und Berechnung sowie die Anleitung und Überwachung der Zubereitung besonderer Kostformen zur Ernährung Kranker oder krankheitsverdächtiger Personen nach ärztlicher Anordnung einschließlich der Beratung der Kranken oder ihrer Angehörigen über die praktische Durchführung ärztlicher Diätverordnungen den Diätolog*innen.

Die Therapie von Kranken ist gemäß ÄrzteG grundsätzlich dem Arzt vorbehalten.[2] In diesem Zusammenhang ist Therapie die „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ und umfasst Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheits­störungen dienen. Die Vorbeugung iSd Vermeidung ist in diesem Zusammenhang davon nicht erfasst.

Für die Praxis der Ernährungsberatung[3] ergibt sich in jedem Einzelfall die Fragestellung, ob der Beratungsbedarf eine*r Klient*in auf eine therapiebedürftige Krankheit mit Bedarf an besonderen Kostformen zurückzuführen ist, womit eine Weiterempfehlung an eine*n Ärzt*in angezeigt wäre. Gesamt ergibt sich damit ein grundsätzlicher, definitiver Abgrenzungsbedarf zur Ernährungstherapie.

Der vorliegende Leitfaden soll anhand einer Abgrenzungs-Checkliste eine Entscheidungshilfe bieten.

 

Abgrenzungs-Checkliste

  1. Begründet sich der Beratungsbedarf auf eine Störung (WHO-ICD 11)?
  2. Handelt es sich bei der Störung um eine Krankheit?[4]
  3. Bedingt die zur Empfehlung beabsichtige Ernährungsmodifikation eine besondere Kostform, die über eine Modifikation der normalen Ernährung hinausgeht?[5]

 

Werden diese Fragen kumulativ zutreffend mit „JA“ beantwortet, liegt eine Situation vor, die eine Ernährungstherapie und somit einen Vorbehalt der Gesundheitsberufe dringend vermuten lassen.[6]
Eine Weiterleitung der/des beratungssuchenden Klient*in an eine*n Ärzt*in ist empfohlen.

 

[1] Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, BGBl. Nr. 460/1992 idgF

[2] Zum Tätigkeitsvorbehalt im Bereich der Humanmedizin siehe auch VfGH VfSlg 16.962/2003. Dass eine in das Aufgabengebiet eines anderen Berufes fallende Tätigkeit eine gleichzeitige Zuordnung zur Tätigkeit eines nach AusbildungsvorbehaltsG de­finierten Gesundheitsberufs nicht zwingend ausschließt, erlaubt aber nicht den (bedingungslosen) Umkehrschluss, dass jede von einem nach AusbildungsvorbehaltsG definierten Gesundheitsberufs durchgeführte Tätigkeit unter Tätigkeitsvorbehalt fällt (vgl. VwGH B894/2013).

[3] Siehe auch VEÖ / AK Recht: Definition „Ernährungsberatung“ samt Abgrenzung zu anderen Tätigkeiten.

[4] Die stRsp der Sozialgerichte definiert Krankheit als einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der Behandlungs­be­dürftig­keit und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Die Listung einer Störung in WHO-ICD 10 ist für sich allein kein ge­eignetes Indiz zur Klassifizierung als Krankheit, da ICD als International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems sowohl Krankheiten als auch nicht krankhafte Störungen umfasst.

[5] Ein systematisches und ausgeprägtes Abweichen von den Richtlinien der DGE/ÖGE ist ein starkes Indiz hierfür.

[6] Exemplarische Beispiele für die Anwendung der Checkliste stehen im Mitgliederbereich auf https://veoe.org/ zur Verfügung.

 

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