
Hülsenfrüchte – das Eiweiß der Zukunft
Artikel der Einblicke-Ausgabe 03-2022
Weltweit rücken Eiweißpflanzen seit einigen Jahren immer weiter in den Fokus der Landwirtschaft. Auch hierzulande gewinnen Hülsenfrüchte an Bedeutung. Grund dafür sind unter anderem klimatische Veränderungen, eine vermehrte Nachfrage aufgrund steigender Bevölkerungszahlen und ein sich wandelndes Essverhalten. Vor allem die Sojabohne ist in Österreich schon längere Zeit auf dem Vormarsch, doch auch andere Sorten sind vielversprechende Eiweißbringer für den menschlichen und tierischen Speiseplan, sowie Lichtblick in Sachen Klimaschutz.
Heimischer Leguminosenanbau als Hoffnungsträger
Auf österreichischen Böden werden aktuell etwa 5 % der Ackerflächen für den Anbau von Hülsenfrüchten verwendet – 76.000 ha davon für Sojabohnen, knapp 20.000 ha für alle anderen Leguminosen zusammen. 2021 konnten im Vergleich zum Jahr davor allerdings vor allem die sogenannten Körnerleguminosen, wie Ackerbohnen, Kichererbsen, Süßlupinen und Linsen, zusätzliche Fläche für sich beanspruchen. [1] Denn es wird immer deutlicher, dass sich deren Anbau positiv auf die Böden und die Erträge der Landwirtschaft auswirkt.
Durch Stickstoffbindung und Durchwurzelung der Ackerböden werden der Humusgehalt und die Bodenstruktur positiv beeinflusst, was sich langfristig auf die Fruchtbarkeit auswirkt und als Erosionsschutz dient. Dafür werden Leguminosen als Haupt-, Zwischenfrucht oder Untersaat eingesetzt. Besonders in der Biolandwirtschaft, wo der Einsatz von chemisch-synthetischen Düngemitteln untersagt ist, helfen Leguminosen als Zwischenfrucht dabei, den Boden mit Nitrat anzureichern und optimal auf die weiteren Fruchtfolgen vorzubereiten. Denn die Hülsenfruchtpflanzen selbst sind verhältnismäßig anspruchslos und können daher auch auf extrem stickstoffarmen Böden wachsen. Teilweise können sie auch sehr gut mit längeren Trockenphasen umgehen, was in Österreich im Zuge des Klimawandels ein immer relevanteres Anbaukriterium wird. [2] Der Anbau von Körnerleguminosen ist sehr ressourcensparend – sowohl zum Zeitpunkt des Anbaus als auch im Zuge des Pflanzenwachstums.
Herausforderungen im Anbau
Als besonders herausfordernd gestaltet sich allerdings die Tatsache, dass Leguminosen in ihren Erträgen sehr stark schwanken können, da sie trotz aller Resistenzen häufig von Krankheiten und Schädlingen betroffen sind. Diesbezüglich spielt die verhältnismäßig geringe Aufmerksamkeit der Forschung und Saatenzucht für Körnerleguminosen eine Rolle. Im Vergleich zu Getreide oder anderen auf österreichischen Feldern stärker vertretenen Pflanzen wird in Leguminosen weniger Geld investiert, daher geht die Forschung langsamer voran. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass einiges an unausgeschöpftem Potenzial in diesem Bereich liegt.
Linsen, Bohnen und Co. auf österreichischen Tellern
Laut der aktuellen Eiweißstrategie der Bundesregierung ist das mittelfristige Ziel, Österreichs Selbstversorgungsgrad in Bezug auf Hülsenfrüchte und pflanzliches Eiweiß von aktuell 81 % [3] auf 100 % zu erhöhen. Dafür soll zum einen die Anbaufläche erhöht und zum anderen die Effizienz der Eiweißaufnahme in der Bevölkerung erhöht werden. Denn nur etwa 15 % der in Österreich verwendeten Hülsenfrüchte werden von Menschen verzehrt. Der Konsum macht gerade einmal 900 g pro Jahr und Kopf [4] und nur 0,2 % der gesamten Proteinaufnahme der Österreicher*innen aus. Die anderen 85 % werden vorwiegend als eiweißreiches Tierfutter oder weiteres Saatgut gebraucht. Der Umweg von Eiweiß – vom Tierfutter über den tierischen Körper auf den menschlichen Teller – bringt erhebliche Verluste mit sich und führt zu einer geringen Eiweißumwandlungseffizienz sowie einen erhöhten Proteinbedarf, der durch entsprechende Importe gedeckt werden muss.
Auf dem Weg zum Selbstversorger
Die Bundesregierung plädiert in ihrer Eiweißstrategie also dafür, dass der direkte Verzehr von Hülsenfrüchten steigt, während die Nachfrage für tierische Eiweißquellen sinken soll. In weiterer Folge soll die fallende Nachfrage von proteinreichen Futtermitteln zu einer geringeren Importmenge und einem höheren Selbstversorgungsgrad führen. [5]
Um dies zu erreichen, muss die Attraktivität von Hülsenfrüchten steigen, denn es eilt ihnen kein besonders guter Ruf voraus. Bei vielen Verbraucher*innen gelten sie als langweilig und blähend. Doch vor allem Fleischersatzprodukte sowie Milchalternativen sind hier auf dem Vormarsch und werben bewusst mit einer verbesserten Klimabilanz und Produkten aus heimischem Anbau. Dabei müssen sich Kichererbsen, Linsen, Bohnen und Co. in unverarbeiteter Form nicht verstecken, denn gerade jetzt in der kalten Jahreszeit eignen sie sich hervorragend für Suppen und Eintöpfe. In jedem Fall lohnt sich ein Blick auf das Etikett, um heimische Bioprodukte auszuwählen und von den oben beschriebenen Vorteilen zu profitieren.
Literatur
[1] Fischer B, Dötzl M. Anbau auf dem Ackerland.
[2] BIO AUSTRIA. Lebensmittel der Woche: Bio-Bohnen, Linsen und Co. – BIO AUSTRIA. Im Internet: https://info.bml.gv.at/dam/jcr:bac47722-eb19-4342-a308-c9cc9fecdc48/Abschlussbericht%20Eiwei%C3%9Fstrategie.pdf (Zugriff: 05.10.2022).
[3] Statista. Österreich – Selbstversorgungsgrad bei Hülsenfrüchten bis 2021 | Statista. Im Internet: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/588192/umfrage/selbstversorgungsgrad-bei-huelsenfruechten-in-oesterreich (Zugriff: 05.10.2022).
[4] Statista. Österreich – Pro-Kopf-Konsum von Hülsenfrüchten 2021 | Statista. Im Internet: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/426325/umfrage/pro-kopf-konsum-von-huelsenfruechten-in-oesterreich (Zugriff: 05.10.2022).
[5] Fink L. Österreichische Eiweißstrategie