Gerichtsurteile zur Ernährungsberatung

Stellungnahme des Teams Recht & Wissenschaft

 

Die Ernährungsberatung wurde mit der Gewerberechtsnovelle 2003 als gebundenes Gewerbe in den §119 GewO aufgenommen. Die positive Absolvierung eines Studiums der Ernährungswissenschaften oder eine Ausbildung zur Diätolog*in ist im §119 GewO als Voraussetzung gesetzlich vorgeschrieben. Hierzu sind bereits zahlreiche Urteile ergangen:

Der Umfang der Ernährungsberatung ist im § 2 Abs 4 MTD-Gesetz festgelegt, was auch für den § 119 GewO gilt (OLG Wien 2 R 56/17w). Tätigkeiten der Ernährungsberatung können seit der Gewerberechtsnovelle 2002 nicht mehr im Rahmen eines freien Gewerbes ausgeübt werden (OGH 4 Ob 61/14w).
Auch vor der GewO-Novelle 2002 war Ernährungsberatung nicht frei, sondern durch das MTD-Gesetz reguliert; Ernährungsberater-Kurse unterlagen dem AusbildungsvorbehaltsG (VwGH 2003/11/0249).

Die Ernährungsberatung unterliegt nicht den Freizügigkeiten der EU-DienstleistungsRL 2006/123/EG, womit auch Dienstleistungen zur Ernährungsberatung aus anderen EU-Mitgliedsstaaten vom Tätigkeitsvorbehalt erfasst sind (OGH 4 Ob 222/17a).

Der Vorbehalt dient dem Gesundheitsschutz der Konsument*innen, was eine dem Gesetz entsprechende Ausbildung erfordert (OLG Wien 2 R 56/17w, OGH 4 Ob 177/18k).

Beispielweise umfasst die Ausbildung zum Psychotherapeuten keine derartige Qualifikation und berechtigt daher für sich nicht zur Ernährungsberatung (LG Wr.Neustadt 24 Cg 132/16a).

Auch Energetiker*innen sind nicht zur Ernährungsberatung berechtigt, selbst wenn auf die Unwissenschaftlichkeit der energetischen Methoden hingewiesen wird (OGH 4 Ob 61/14w).
Insbesondere sind davon auch Dienstleistungen zur individueller Ernährungsumstellung, Stoffwechsel- und Ernährungsberatung; Stoffwechselaktivierung zur Gewichtsreduktion oder ähnlichen Tätigkeiten erfasst (HG Wien 43 CG 50/15y). Die Auswahl, Zusammenstellung und Berechnung der Kost für Einzelpersonen und Personengruppen und die an bestimmte Bedürfnisse (etwa Schwangere, Sportler) angepasste Ernährungsberatung von Einzelpersonen und Personengruppen zählt ausschließlich zur Ernährungsberatung (OGH 4 Ob 61/14w).

Vom Vorbehalt des §119 GewO ist das gesamte Angebot der Ernährungsberatung erfasst, auch unter anderer Bezeichnung, beispielsweise „Ernährungstraining“ (HG Wien 19 CG 77/16 v).

Das Anbieten von Dienstleistungen, die dem Gewerbe der Ernährungsberatung vorbehalten sind, beispielsweise Training, Coaching, Schulung ua zu den Themen Abnehmen, Ernährung bei Unverträglichkeiten, Kinderernährung oder Ernährung im Alter, ohne dass die Beklagte über die notwendigen Berechtigungen verfügt, ist unzulässig. (OGH 4 Ob 222/17a). In diesem Zusammenhang ist auch das Anbieten von nicht näher spezifiziertem „Ernährungstraining“ verboten, da daraus nicht abgeleitet werden kann, dass damit lediglich freie Teiltätigkeiten angeboten werden (WKO: LG ZRS W 47 R 187/18z).

Auch das Anbieten von Training, Coaching, Schulung oder ähnliche bezeichnete Ernährungsberatung zu den Themen Gewichtsmanagement (wie hier beispielsweise „Gesund und dauerhaft Übergewicht abbauen“), „Ernährung bei Allergien und Unverträglichkeiten“, „optimale Nährstoffversorgung bei veganer und vegetarischer Lebensweise“, „Ernährung und Sport“, „Ernährung im Alter“, „Kinderernährung“ oder zu anderen Aspekten der Ernährung ist den nach §119 berechtigten Ernährungsberatern vorbehalten (HG Wien 19 CG 77/16 v).

Wenn für den unbefangenen Durchschnittsbetrachter der Eindruck entsteht, der Anbieter sei zur Erbringung von nur besonders qualifiziertem Personal erlaubter Ernährungsberatung qualifiziert, ohne dass eine derartige Qualifikation vorliegt, ist unlautere Irreführung verwirklicht (OGH 4 Ob 61/14w).
„Ernährungstraining“ ist im Sinne von individueller und nach § 119 GewO qualifizierten Personen vorbehaltener Ernährungsberatung zu verstehen (OGH 4 Ob 177/18k).

Eine Ausbildung als diplomierte Ernährungstrainer*in ist für Ernährungsberatung nicht ausreichend. (HG Wien 19 CG 77/16 v). Die "Lerninhalte Ernährungstraining" sind für Ernährungslehre (Pädagogik) nicht ausreichend anrechenbar (BVwG W227 2100548-1). Auch kann damit kein Gewerbe als „Ernährungstrainer/Ernährungscoach“ begründet werden (LVwG-851099/5/Bm/FK).

 

Die nach §119 GewO definierten Ausbildungen zur Ernährungsberatung (z.B. Studienrichtung Ernährungswissenschaften) befähigen, Hinweise auf Krankheit oder Gebrechen, die einer Beratung entgegenstehen, zu erkennen. Ein*e Ernährungsberater*in muss in der Lage sein, über ein typisches (gesundheitliches) Risiko aufzuklären und haftet auch dafür (4 Ob 177/18k).

Ein Ausbildungsvertrag zum Ernährungsberater*in, welcher die gesetzlichen Anforderungskriterien nicht erfüllt, ist nichtig. (OGH 9Ob64/04h iVm 8 Ob 174/02z u. EuGH C-294/00).

Für die Zuerkennung einer individuellen Befähigung zur Ernährungsberatung ist der Nachweis einer für §119 GewO äquivalenten Ausbildung auf akademischem Niveau Voraussetzung. Hierfür sind Zeugnisse über eine entsprechend spezifische fachtheoretische Ausbildung vorzulegen. (VA-BD-WA/0136-C/1/2013, MPRGIR-V-56329/14). Deren Beurteilung auf Gleichwertigkeit hat am Maßstab der Zugangsvoraussetzungen zu erfolgen – die absolvierte Ausbildung muss äquivalent sein (VwGH Ra 2020/04/0182, mwN). Für das Gewerbe der Ernährungsberatung ist somit jedenfalls eine akademische Ernährungsausbildung erforderlich, eine Einschränkung auf ein (Teil-)Gewerbe mit nicht äquivalenten Ernährungsdienstleitungen ist nicht möglich (JMG 3-2018 S.155 ff).

Bei der Anerkennung von Prüfungen und anderen Studienleistungen als akademisch äquivalente Ausbildung sind als Lernergebnisse die objektiven Merkmale des Prüfungsstoffs der Maßstab, aber keine individuelle, auf einen konkreten Turnus abgestellte Betrachtung (BVwG W128 2269976-1).

 

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